Montag, 24. April 2017

Eine Chronik (37)


Heute kein Mittagessen. Schade. Hatte Cordon bleu angekreuzt. Aber das vertrage sich nicht mit den Flüssigkeiten, die mir gleich gespritzt werden, erklärt eine Schwester, mit der ich bisher nie zu tun hatte. Es kann zu Übelkeitsgefühlen und Erbrechen kommen, darauf möchten wir doch lieber verzichten, nicht wahr?

142-85-95.

Werde anschließend, auf dem Bett liegend, an zwei Tropfsäckchen gehängt: Nierenschutzmittel und Cortison. Lese Darvasi und erfreue mich am Nichtstun. Auch das schlaucht. Mmmhh, kein Wunder bei all den Kanülen und Röhrchen, die vom Ständer über diverse Mittelstücke geradewegs in den Körper hineinführen. „Das gute Gift, der lebensspendende Saft“, werde ich später bei Esterházy mit dem Bleistift unterstreichen. Einstweilen bin ich damit beschäftigt, die Flüssigkeitstüten im Auge zu behalten und darauf zu achten, dass das Tröpfeln nicht unterbrochen wird. Die Geschwindigkeit, mit der die Tropfen sich ihren Weg bahnen, kann ich beeinflussen, indem ich den Arm mit dem Zugang mehr oder weniger strecke, ihn ein bisschen anhebe oder ihn weiter nach unten hängen lassen, mich im Bett auf den Rücken oder auf die Seite drehe. Man macht so seine Erfahrungen, sogar im Liegen.

Zweieinhalb Stunden später: 139-84-91. Die gelbe Tüte ist noch halb voll. Gegen 17 Uhr: 144-92-89. Kurz vor 18 Uhr wird doch noch mein Cordon bleu serviert. Es ist nur lauwarm und die Panade ein wenig matschig. Mit dem Kartoffelpüree und dem Tomatensalätchen schmeckt es trotzdem.
19 Uhr: Uff! Bin nun endlich ab- und ausgestöpselt, sieben Stunden später. Bald beginnt das Viertelfinalspiel in der Champions League. Ein wenig Abwechslung. Bin die beiden sterbenumschwirrenden, todumkreisenden Ungarn nun auch schon ein bisschen leid, für heute.

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