Schon ganz am Anfang hatte ich mir vorgenommen, dem
Übel nicht im Internet hinterher zu hecheln und mich von den dort kursierenden,
oft widersprüchlichen Aussagen und Meinungen verrückt machen zu lassen. Woran
ich mich bisher auch größtenteils gehalten habe. Nur gelegentlich mal einen
Ausdruck gegoogelt, den ein Arzt so en
passant von sich gab, ohne dass klar wurde, worum es genau ging. Doch das
ist wohl das Privileg der Mediziner, ihr Wissensvorsprung, ihre Strategie, den
Patienten im Ungewissen zu lassen. Ihre Pflicht gar?
Stattdessen habe ich, schon vor der Diagnose,
mehrere literarische Bücher zum Thema gelesen, etwa Wolfgang Herrndorfs Blog
„Arbeit und Struktur“ sowie die spätere Buchfassung davon.
Gestern nun riss ich Péter Esterházys
„Bauchspeicheldrüsentagebuch“ aus der Cellophanhülle und las mich sofort in den
Aufzeichnungen aus dem letzten Jahr des ungarischen Schriftstellers fest. Ein
Sterbebuch als Liebesgeschichte? Jedenfalls keine einfache Geschichte.
Gleich auf Seite 8 empfiehlt Esterházy die Lektüre
von Harold Brodkeys „Die Geschichte meines Todes“. Muss gleich mal unters Dach
laufen, in unserer angelsächsischen Bibliothek nachschauen, ob das Buch nicht
schon da steht. Wie oft ist es bereits vorgekommen, dass S. oder ich ein Buch
gekauft haben, obwohl wir es bereits besaßen, uns in dem Moment aber nicht an
seine Existenz auf unseren Regalen erinnern konnten. Manche Titel besitzen wir
sogar dreimal. Schön, dann können wir irgendwann einmal ein Exemplar davon
verschenken.
Erstaunlich, wie viele Dinge mich nicht mehr
interessieren, mit denen ich keine Zeit mehr vergeuden will. Eigentlich hatten
sie mich schon früher nicht wirklich interessiert, aber das war mir nicht immer
klar gewesen. Umso deutlicher ist es mir jetzt. Und umso glücklicher macht es
mich, dass ich jetzt, ohne Bedauern und ohne schlechtes Gewissen, auf diese
Dinge verzichten kann, ich diesen Verzicht sogar als Erleichterung empfinde und
es im Nachhinein bereue, diesen Schritt nicht schon früher getan zu haben. Aber
es ist nicht zu spät, so lange man lebt, und dieser Moment ist nun gekommen.
Dieser Tage in einem Zeitungsartikel auf den
Ausdruck „austherapiert“ gestoßen. Erschrocken.
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