Montag, 12. März 2018

Eine Chronik (68)


Ein paar Wochen Ruhe. Außer der Monatsspritze, alle 28 Tage. Und demnächst einer weiteren Bronchoskopie. Schon seltsam, wie alle diese Untersuchungen mit der Zeit an Schrecken verlieren, zumindest einen Teil davon. Und viele andere Dinge sich verlagern, die einen an Wert zunehmen, die andern an Gewicht abnehmen. Nur ständig, wirklich unablässig, dieser riesige Schatten im Hintergrund, über einem, in einem. Ein paar Wochen Pause, auch mit dem Blog. Durchatmen. Pläne schmieden. Kleinigkeiten eigentlich, Banales, Normales.
Nach der Februar-Spritze zehn Tage Donostia, leider im Regen. Dafür mundeten nach langer Zeit mal wieder ein paar Gläser Weißwein, sogar einige Zurritos, am Tresen stehend, mit dreadgelockten Txurris zu Füßen und leckeren Rationen auf den Hochtischchen in der umfänglich renovierten Bar Astelena. Wie hieß die Serviererin mit dem Pferdegang nochmal: Salomé? In der christlichen Mythologie die Inkarnation weiblicher Grausamkeit schlechthin, gleichwohl die Verkörperung idealer Schönheit und purer Erotik.
(Aber darf man solche Ausdrücke heute, im Jahre 2018, in Zeiten des neuen Puritanismus und Tugendfurors, überhaupt noch benutzen, ohne sofort als Sexmonster abgekanzelt zu werden?)
Nun liegt endlich kein Schnee mehr. Temperaturen um zehn Grad. Doch nirgendwo ein kühnes Blättchen, das eine grüne Spitze hervorzustrecken wagt. Doch, sagt S., Schneeglöckchen, und die ersten Krokusse.
(Oder soll man bald nur noch über vermeintlich reine, unschuldige Natur sprechen und schreiben? Schon seltsam, wie viel Angst die Jungen von heute vor nackter Haut, Nähe und – pfui! – direktem Körperkontakt, sogar bloß vor deren Darstellung in Texten und auf Bildern zu haben scheinen. Von Blut, Rotz, Sperma und anderen Körperausscheidungen ganz zu schweigen.)
P.S.: Wie meinte S. dieser Tage: Sollte sich dieses oder jenes Museum dazu entschließen, demnächst Werke von angeblich pervers-sexistischen Malern wie Gauguin, Schiele, Picasso oder Balthus abzuhängen und für immer in seinen dunklen Lagern verschwinden zu lassen … – wir wären gerne bereit, dem einen oder anderen Bild an unseren noch jungfräulichen Wänden lebenslanges Exil zu gewähren! Also bitte melden …  

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