Montag, 17. April 2017

Eine Chronik (35)

War in der Oper, las in der Sonne, lag am Strand, habe mich von Kamelen anhauchen lassen, neues Handy bekommen und wieder mit Zeichnen und Malen angefangen, nach langer Unterbrechung. War aber auch wieder einen Tag lang im zweiten Untergeschoss der Klinik, zwecks Kontrolle der Nierenfunktion und erneuter PET-CT-Untersuchung.

Um neun Uhr vormittags sind die Sitzgelegenheiten im Flur 28 der nuklearmedizinischen Abteilung schon gut besetzt. Auffällig viele junge Leute, bei deren Anblick einem das Herz besonders schwer wird, angesichts ihrer blassen, hilfesuchenden Augen, ihrer Ratlosigkeit.

Kurz nach neun werden Zugänge gelegt, rechts und links. Es bedarf, wie so oft, mehrerer Versuche, bevor eine passende Ader gefunden ist und das Blut durch die Nadel in den Behälter rinnt.

Soll viel trinken. Bevor in den nächsten sechs bis sieben Stunden wieder allerlei Szintigrafien und Scans durchgeführt werden. Habe, wie immer, reichlich Lese- und Schreibstoff eingepackt, vor allem das gelbe Heft für die Notizen. Und ein paar Bonbons. Zudem ist der Bart komplett abrasiert, damit es im Gesicht so wenig wie möglich juckt, wenn ich in den diversen Röhren hin und her geschoben werde, mich dabei unter keinen Umständen bewegen und folglich auch nicht mal so nebenbei am Kinn oder hinter den Ohren kratzen darf.

Nächste Blutabnahme in einer Stunde. Übernächste in zwei Stunden. Und so weiter bis zur vierten. Irgendwann wird ein Kontrastmittel gespritzt. Das muss sich im ganzen Körper verteilen.

Zwischen den einzelnen Terminen blättere ich in den alten Notizen im gelben Heft. Dort ist mehrfach von Knochenschmerzen die Rede. Seit Wochen habe ich nichts mehr dergleichen verspürt.

Als auch ich endlich durch bin, sind alle anderen Patienten schon gegangen. Der Flur ist leer. Nur in einzelnen Behandlungszimmern piepsen noch die Geräte. Um 16 Uhr will das Personal Feierabend machen, wie mir heute früh eine Angestellte verriet.

Versuche, S. telefonisch zu erreichen. Sie kann mich jetzt abholen. Doch im Bunker gibt es kein Netz, keinen Empfang. Gehe nach draußen. Auch hier bleibt das – funkelnagelneue – Handy stumm. Das hat gerade noch gefehlt. Kaufe mir beim fahrenden Händler, der sich strategisch klug genau vor den Hauptein- und -ausgang der Klinik platziert hat, ein Eis: Schokolade und Himbeere. Kaum habe ich dreimal daran geleckt, fährt S. vor. Erleichtert, dass es mir offenbar so gut geht und in den letzten Stunden so gut ergangen ist, dass ich Lust auf Süßes verspürt habe. Nur kleckern sollte ich nicht, auf dem Beifahrersitz.

1 Kommentar:

  1. Eis ist doch immer gut. Fuer und gegen alles. Oder? Rolf. Kathmandu. rolf.schmelzer@koeln.de - 00977-9818362346

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