Carlo schläft viel. Das sei seiner
Schilddrüsenoperation geschuldet, behauptet er. Das Organ wurde ihm komplett
entfernt. Er verspürt heftige Halsschmerzen. Dagegen nimmt er Tabletten, die
ihn schwächen. Daher die Müdigkeit.
Kaum ist Carlo eingeschlafen, beginnt er zu
schnarchen. Auch tagsüber. Zum Glück habe ich meine wächsernen Ohrstöpsel
dabei. Ohne ein Paar Ohropax („Luxus für die Ohren. Das Original seit 1907“)
gehe ich so gut wie nie aus dem Haus. Oft genug findet sich eine Gelegenheit,
sich die rosafarbenen, angenehm sanften Pfropfen, die für Ruhe und Wohlbefinden
sorgen und unbedingt zu empfehlen sind, in den Kopf zu friemeln.
Wenn Carlo nicht schläft und seine Halsschmerzen ein
wenig nachgelassen haben, blättert er in seinen mitgebrachten Zeitschriften („Traktor
Classic“) und erzählt mir von seinem Hobby, dem Sammeln von alten Traktoren, das
er Oldtimer-Trecker-Liebhaberei nennt. Jedes Wochenende trifft er sich mit
seinen Kollegen. Im Winter wird – wie Carlo es formuliert – geschraubt, dass
die Funken fliegen. Im restlichen Jahr stehen, sofern das Wetter es erlaubt,
regelmäßige Spritztouren an. Leider, bedauert Carlo, kommen er und seine
Kollegen bei ihren Ausfahrten nie weit, da ihre betagten Fahrzeuge selten
schneller als mit 35 km/h über die Landstraßen tuckern.
Dank meines Zimmernachbarn tun sich mir ganz neue
Welten auf. Von Schraubertreffen mit Reparatur- und Restaurationsschulung hatte
ich zuvor noch nie etwas gehört. Auch Zahnräder, Wellen, Bolzen, Ventile, Lager
und Getriebe waren für mich bislang eher abstrakte Begriffe gewesen. Und dass
Unimogfahrer in Traktorkreisen als schwarze Schafe gelten, hatte ich zuvor
nicht wirklich gewusst.
Aber Carlo pflegt noch ein weiteres Hobby:
Tierbeobachtung. Zu diesem Zweck hat er bereits halb Afrika bereist. Er
schwärmt mir beispielsweise von der Etosha-Pfanne im Norden Namibias vor, von
Zebras, Gnus, Giraffen und von den Antilopen, deren Anmut man tagsüber
bewundert und deren zartesten Teile man abends auf der Hotelterrasse brutzelnd auf
dem Grill vor sich liegen hat.
Endlich kann ich mitreden. Im Etosha-Nationalpark
bin ich auch schon einmal unterwegs und von der dortigen Tierwelt total
begeistert gewesen, inklusive leckere Fleischmahlzeiten am Abend.
Etosha bedeutet in der Sprache des Ovambo-Stammes
übrigens „großer, weißer Ort“.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen